Die Zeit vergeht auch auf Reisen! Mittlerweile sind wir seit fast dreieinhalb Jahren unterwegs. Wir haben 19 Länder in den Amerikas bereist, sind mit unserem Toyota LandCruiser über 100'000 Kilometer weit gefahren, sind in Asien in die Welt der digitalen Nomaden eingetaucht und verbinden seit gut einem Jahr beides - das Reisen mit unserem Fahrzeug und das Arbeiten von unterwegs.
Haben sich Vorstellungen und Realität getroffen, haben wir uns auf dieser Langzeitreise verändert, wie ist es, so lange mit wenig Geld auszukommen? Gibt es den richtigen Zeitpunkt zum Aufhören? Fragen, die sich uns stellen und Zeit für ein kleines Fazit.
Vorstellungen vs. Realität
Ganz klar, die Vorstellungen, die wir von unserer Reise hatten, decken sich nicht alle mit den tatsächlichen Erlebnissen. Unsere Langzeitreise verläuft nicht unbedingt wie geplant. Es gab einige Überraschungen. Grössere, wie kleinere, missen möchten wir jedoch keine der Erfahrungen!
- Wir hätten beispielsweise nicht gedacht, dass wir durchaus etwas Zeit brauchen werden, bis wir uns an dieses Reiseleben gewöhnen.
- Wir hatten uns einige Herausforderungen wie die Frage nach der Sicherheit, das Leben auf engstem Raum, Hitze und Moskitos einfacher vorgestellt...
- ... hingegen dachten wir, dass Grenzübergänge und korrupte Polizisten uns das Reiseleben erschweren würden - es war nicht so.
- Wir hätten nicht gedacht, dass wir uns in der Natur so zu Hause fühlen werden.
- Nie hätten wir uns ausgemalt, dass sich unser Auto einmal nach einem richtigen Zuhause anfühlen wird. Klein, aber fein.
- Wir hätten nicht erwartet, dass wir uns in der Welt so wohl fühlen und uns zu zweit (meist) ganz genügen würden.
- Wir hätten nicht gedacht, dass wir unterwegs so sehr nach neuen Lebensmodellen suchen würden – und sogar den Versuch wagen, diese umzusetzen.
- Wir hätten nicht erwartet, dass wir unser Fahrzeug für eine Zeit stehen lassen und nach Asien gehen.
Aber das ist ja genau das Schöne an einer Langzeitreise - sie lässt sich nicht genau planen. Ist man offen für das, was da kommen mag, sind Überraschungen möglich. Ein genauer (Zeit-) Plan hätte solche Möglichkeiten nicht entstehen lassen. Das Gefühl frei entscheiden zu können, wäre vermutlich nicht entstanden.
Reisedauer
Vor dem Start in unsere Abenteuer, war eines unserer Ziele, möglichst lange unterwegs zu sein. Solange, wie wir möchten, ohne fixen Endpunkt. Wir wollten ganz selber entscheiden können, wann der Zeitpunkt zum Aufhören gekommen ist. Obwohl uns schon da bewusst war, dass es wohl das liebe Geld sein wird, das über das Reiseende entscheiden wird.
Jetzt, fast dreieinhalb Jahre später, können wir sagen: wir sind lange unterwegs! Länger sogar, als wir uns insgeheim erträumt haben. Dennoch, der Zeitpunkt, an dem wir sagen könnten, "jetzt ist genug", ist bisher nicht gekommen. Die Welt ist einfach zu spannend!
Langzeitreise - Reisetempo
Mit der Reisedauer hat sich unser Reisetempo (teilweise) verändert. Zwar ist unsere Entdeckungslust noch immer gross, doch wir merken immer besser, wenn wir Pausen brauchen.
Auch lernten wir es sehr schätzen, lange an einem Ort zu verweilen. Es ist einfach schön, wenn die Nachbarn grüssen, wenn man weiss, wo es die beste Papaya gibt, wenn sich Restaurants zu Lieblingen entwickeln. Es ist eher möglich "hinter die Kulissen zu blicken" und aus Fremden können eher Freunde werden.
Aber, wir geben es zu, das langsame Reisen gelingt uns vor allem in Ländern, die wir bereits kennen. In unbekannten Gegenden überkommt uns dann doch meist die Neugier und der Drang viel von einem Land sehen zu wollen. Wir sind uns also der Qualitäten des Slow Travel bewusst, üben uns aber noch darin.
Verändert eine Langzeitreise - haben wir uns verändert?
Haben wir uns verändert? Sind wir anders? Abschliessend kann das wohl nur unser Umfeld beurteilen. Einige Veränderungen bemerken wir auch selbst.
Wir sehen vieles in Relationen. Zu oft haben wir uns unter gigantischen Sternenhimmel winzig klein und neben Jahrtausende alten Bäumen unbedeutend gefühlt. Haben wir als Menschen wirklich so viel Ahnung, wie wir meinen?
Wir leben minimalistisch. Seit über drei Jahren tragen wir mehr oder weniger die paar gleichen Kleider, uns stehen die immer gleichen Gegenstände zur Verfügung. Fehlt uns etwas? Sind wir deshalb unglücklich? Ganz im Gegenteil. Was andere im Minimalismus suchen, leben wir einfach. Weil es gar nicht anders geht. Und: es geht uns gut dabei, wir vermissen nichts. Abgesehen von unseren Liebsten.
Wir haben Zeit - wir nehmen uns Zeit. Machen wir etwas, dann ganz. Bei unseren Kurzbesuchen in der Heimat erscheinen uns die Menschen sehr gehetzt. Abgelenkt und nicht bei der Sache. Die meisten bemerken es kaum. Es ist einfach so. Bei fast allen. Ist Zeit wirklich so wichtig? In vielen Teilen der Welt ist sie es nicht. Und trotzdem funktioniert es, irgendwie. Ob uns diese Einstellung erhalten bleibt, auch wenn wir einmal nicht mehr unterwegs sind?
Die Freiheit zu entscheiden. Jeden Tag aufs Neue entscheiden zu können, was wir machen möchten, jeden Tag aufstehen können, wann wir wollen, jeden Tag in Vollbesitz all unserer Freiheiten zu sein, erfordert ständige Entscheidungen. Das ist nicht nur einfach. Jedoch auch unbezahlbar – und prägend. Ein Zurück wird nicht leicht sein...
Leben mit der Natur. Von den Vögeln geweckt werden, mit der Sonne aufstehen, zu Wellenrauschen einschlafen, auch bei Nieselregen draussen kochen, sich im eiskalten Auto umziehen, vor dem Zubettgehen die Sterne zählen – wir leben in und mit der Natur. Es sind (fast) keine Wände dazwischen. Geschlossene Räume mögen ihre Vorteile bieten, so sehr mit der Natur zu leben aber auch. Eine tiefe Erfahrung, für uns mitunter eine der besten dieser Reise.
Immer zu Zweit. Das ist zwar manchmal eine Herausforderung, es ist aber auch einfach wunderschön so viele Abenteuer zu teilen, sie gemeinsam zu bestehen. Wir sind ein gutes Team, können uns aufeinander verlassen und haben uns selbst nach 10 Jahren Beziehung besser kennengelernt. Nicht mehr ständig 24h zusammen zu sein, wird wohl irgendwann eine Herausforderung.
Auskommen mit wenig Geld. Auf Dauer erstrebenswert?
Als wir uns im Mai 2014 auf zu unserer Langzeitreise gemacht haben, hatten wir einen Betrag auf unseren Kontos. Die Möbel haben wir verkauft, ein paar wenige persönliche Sachen bei den Eltern eingestellt. Unser ganzer Besitz waren das Ersparte und unser Fahrzeug.
Das Ziel war und ist, dass wir solange wir es möchten, unterwegs sein können. Entsprechend sorgsam gehen wir mit unserem Geld um. Es ist ein steter Balanceakt zwischen sich etwas gönnen und nicht verschwenderisch sein.
Meist gelingt uns das ganz gut und wir haben mittlerweile etwas Übung darin. Es gibt eigentlich wenig, das wir vermissen. Je länger wir unterwegs sind, desto mehr merken wir aber, dass dies kein Dauerzustand sein kann.
Es sind nicht Statussymbole oder ausgedehnte Shoppingtouren, die wir vermissen. Es ist viel eher die Unbeschwertheit, etwas kaufen zu können, ohne abwiegen zu müssen. In qualitative Produkte für die Zukunft investieren zu können. Sich mit Geld ein klein wenig Sicherheit zu kaufen.
Zukunftswünsche
Irgendwann wird diese Langzeitreise zu Ende gehen und wir werden eine neue planen. Für die Zeit dazwischen wünschen wir uns, die auf unserer Reise erlebten Freiheiten auch in einem Alltag in der Schweiz integrieren zu können.
Wir wünschen uns ein selbstbestimmtes, naturnahes und freies Leben, genauso, wie wir es momentan leben.
Es ist nicht so, dass wir nicht arbeiten wollen. Wir arbeiten jetzt auch, stundenmässig sogar viel mehr, als zuvor. Aber es macht einen signifikanten Unterschied, selber zu entscheiden, was, wann erledigt wird.
Es ist anders, an der Sonne sitzend zu arbeiten, als in einem sterilen Grossraumbüro. Es ist befreiend, ohne Wecker aufstehen zu können, zu wissen, dass jederzeit ein Spaziergang im Wald gemacht werden kann, wenn man Lust darauf hat.
Wir wissen, wir kommen mit wenig aus, können auf vieles verzichten. Nicht aber auf unsere Freiheit, unsere Liebsten und Reisen. Wir sind gespannt, in welcher Art wir all dies in Zukunft verbinden können.
Hoi zäme
Wir machen uns tatsächlich sehr ähnliche Gedanken! Viele der Punkte muss man wohl zuerst selber erleben (Stichwort Reisemüde, Reisetempo) oder sich aufregen (Stichwort Minimalismus / zu vieles im Rucksack) um sie so richtig zu verstehen 😉 .
Wir haben gerade 50 Tage Südafrika hinter uns und vermissen unsere Flexibilität dank unserem eigenen (Miet)Auto ein wenig…
Vielen Dank für deinen Kommentar Sevi. Ja, eine Langzeitreise verändert halt doch ein wenig… Auf einige Gedanken/Einsichten kommt man wohl erst, wenn man länger unterwegs ist und so richtig eintauchen kann, offen ist für das Leben und all seine Facetten.
Der Weg zum eigenen Reisefahrzeug führte bei uns auch via Mietautos ;)))
Viel Spass euch und ganz liebe Grüsse
Sabine&Andy
Hallo Sabine und Andy,
Zuerst gleich noch Happy Birthday Sabine.
Absolut genialer Bericht. Sehr vieles kommt uns da sehr bekannt vor und können wir auch unglaublich gut nachvollziehen. Wir sind ja im Moment auch gerade ein bisschen Reisemüde von all den vielen Erlebnissen. So kommt das Hausesit hier am Strand genau richtig. Die Vögel wecken uns am Morgen, im Garten wachsen frische Papayas… was will man mehr. Wir nehmen uns einfach die Zeit uns hier zu erholen und reisen dann weiter, wenn unsere Batterien wieder voll sind. Diese Freiheit zu haben ist unbezahlbar. Da verzichten wir gerne auf vieles andere.
Liebe Grüsse von der Mission Beach.
Marcel
Hallo Marcel,
Lieben Dank für deine Glückwünsche!Ich hatte einen schönen Tag.
Wir freuen uns, dass dir der Bericht gefällt und dass ihr einiges davon nachvollziehen könnt. Euer Housesit klingt ja wunderbar und ist bestimmt genau das Richtige, wenn ihr etwas reisemüde seid. Du sagst es, diese Freiheiten zu haben, ist wirklich einfach unbezahlbar und einmal auf sie verzichten zu müssen, können wir uns momentan sehr schwer vorstellen.. Umso besser, so vergeht die Motivation „nach anderen Wegen“ zu suchen hoffentlich nicht verloren. Beispiele/Vorbilder haben wir ja genug – unter anderem ihr 🙂
Ganz liebe Grüsse von Brasilien nach Australien
Sabine
Was für ein genialer Bericht! Vielen Dank dafür!
Wir wünschen euch für die Zukunft alles Gute und sind uns sicher, dass ihr für euer neues „Abenteuer gut gewappnet seid ;-)!
Gruss von den Divepackers
Martina&Sevi
Liebe Divepackers 😉
Vielen Dank für euren Kommentar! Wie ergeht es euch auf eurer Weltreise, macht ihr euch ähnliche Gedanken?
Naja, „gewappnet“ würden wir uns mal nicht bezeichnen :-)) Aber wir sind voller Vorfreude auf die kommende Zeit, das schadet bestimmt nicht :))
Habt eine wunderbare Zeit!
Sabine&Andy
Ein toller Bericht. Vielen Dank.
Grüße vom Conntrip.com Team
Vielen lieben Dank Conntrip! Da freuen wir uns :))