Beitragsreihe - Reisende auf und neben der Panamericana

Alle starten sie im Norden oder Süden der Amerikas und wollen für längere Zeit auf und neben der legendären Panamericana unterwegs sein. Das sind dann aber auch bereits alle Gemeinsamkeiten. Die Reisenden, die Reisearten, die Reisefahrzeuge, die Reisekosten, die Reisedauer - alles unterscheidet sich. Es gibt unzählige Arten, wie eine Reise auf der längsten Strasse der Welt aussehen kann.

In dieser Beitragsreihe kommen verschiedene Reisende zu Wort. Sie ermöglichen Einblicke in ihre persönliche Traumreise. Unterschiede und Gemeinsamkeiten werden aufgezeigt. Und vielleicht machst du dich danach auch auf, um die Schönheiten der Welt zu entdecken.

In diesem Beitrag on the road mit dare2go.com


About

Yasha und Jürgen von dare2go.com

Yasha und Jürgen von dare2go.com

Hallo, wir sind Yasha Langford und Jürgen Klein. Wir reisen beide mit Australischen Pässen, Yasha ist in Australien geboren, Jürgen vor 25 Jahren eingewandert. Dies ist unser zweiter Pan-Am-Trip.

Von März 2006 bis Mai 2009 waren wir schon mal vom Arktischen Kreis (im Yukon/Kanada) bis nach Ushuaia (Patagonien/Argentinien) unterwegs.

Damals waren wir Vorreiter, unsere Webseite war zum Beispiel die erste englischsprachige Seite, die zu der Zeit Übernachtungsplätze veröffentlicht hat.

Dementsprechend alt ist unsere Webseite

Unsere Social Media Kanäle:

> Facebook

> Instagram

> Pinterest

​Wie lange seit ihr schon unterwegs?

Dieses mal ist unser Auto Anfang Mai 2014 in Montevideo angekommen. Yasha war zu der Zeit schon in Santiago de Chile, wo sie Englisch unterrichtete. Seit Dezember 2014, als Yasha's Vertrag endete, sind wir wirklich unterwegs.

Wie lange wollt ihr noch unterwegs sein?

Wir planen, dass wir im März oder April nächsten Jahres (2018) von Kolumbien (Cartagena oder Santa Marta) nach Deutschland zurück verschiffen werden. Mittelamerika wollen wir nicht ein zweites Mal bereisen.


Reisefahrzeug

War von Anfang an klar, dass ihr die Panamericana mit einem Fahrzeug bereisen wollt? Wieso? Hattet ihr davor bereits Erfahrung mit dem Reisen mit Fahrzeug?

Da dies unser zweiter Trip ist, hatten wir schon die Erfahrungen diese Reise mit dem eigenen Fahrzeug zu unternehmen.

Für unsere erste Fahrt hatten wir einen Ford F250 Pick-Up und einen Bigfoot Truck-Camper aus den USA. Beides hatte ich damals, getrennt, vorab über das Internet gekauft. Mit dieser Combo waren wir 3 Jahre und 2 Monate unterwegs.

Am Ende haben wir das Fahrzeug in Chile an einen Chileno verkauft – der hat den Camper immernoch.

Ich, Jürgen, bin immer lieber mit dem eigenen Fahrzeug anstatt mit einem Rucksack gereist. Mitte der 80er Jahre war ich mit einem selbstausgebauten Mercedes 608D in Marokko, und davor in Europa mit verschiedenen Ford Transit oder VW Bulli unterwegs. Als ich das erste mal um Australien herumgereist bin, habe ich sofort einen Mitsubishi L300 gekauft, um damit das Land zu erkunden.

Für welches Fahrzeug habt ihr euch entschieden? Weshalb?

Wir haben einen Mercedes-Benz 1019AF, Baujahr 1981, mit einem selbst-ausgebauten alten Bundeswehr-Shelter. Berta genannt.

Relativ knappe finanzielle Mittel hatten für uns die Auswahl an Fahrzeugen ziemlich eingeschränkt. Auf der einen Seite wollten wir ein komplett autarkes Fahrzeug – soll heissen mit Festbett, Toilette und Dusche – halt komfortabel auf längere Zeit.

Während der letzten Reise hatten wir leider erfahren müssen, dass kommerzielle Wohnmobile die vielen Rüttelpisten nicht besonders gut überleben – da fallen einfach zu viele Kleinigkeiten auseinander.

Ausserdem sind die meisten Wohnmobile für Kurzreisen oder einen 3-Wochen Urlaub konzipiert und haben dementsprechend zu wenig Stauraum. Die Panamericana geht durch so viele Klimazonen, dass man schon allein Kleidung und Bettzeug für alle Witterungen mitnehmen muss – von tropischer Hitze bis zu tiefem Frost mit eisigen Winden. Und dann braucht man noch extra Stauraum für einige Basis-Ersatzteile, Werkzeuge, einen zweiten Ersatzreifen, usw.

Die in Europa 'ach-so-beliebten' Expeditionsmobile waren für uns einfach viel zu teuer, ebenso die Toyota LandCruiser mit Wohnkabine. Also blieb nur ein Selbstbau auf einer verhältnismässig billigen Basis.

Ein Mercedes sollte es wohl sein, denn deren Ersatzteilversorgung ist zumindest besser als bei anderen Marken. Am liebsten hätten wir einen MB 814 DA gehabt, aber Preise für diese sind astronomisch hoch...

Berta im Ischigualasto Provincial Park in Argentinien

Berta im Ischigualasto Provincial Park in Argentinien

Was hat die Anschaffung gekostet?

Der Grund-LKW, zuvor im Einsatz bei der Feuerwehr, war billig mit 8400 Euro. Aber dann kommt da die ganze Umrüsterei hinzu: Einzelbereifung (ca. 2800 €), Rahmen für den Shelter (ca. 3000 € mit Feuerverzinkung), Staukästen und Halterungen, Ersatzradhalterung (en), grösserer Dieseltank, Ausbau des Shelters, uns so weiter.

Summa-summarum haben wir wohl um 50'000 Euro ausgegeben; addiert habe ich das allerdings nie. Der Ausbau des Shelters ist für uns eine Langzeitinvestition; wir wollen ihn später nach Australien verschiffen und dort damit (auf einem anderen Fahrgestell) weiterreisen.

Habt ihr den Ausbau selber vorgenommen?

Ja, in Deutschland, und das ganze Drumherum wäre fast einen eigenen Artikel wert.

Ich (Jürgen) hatte vorher schon einige Wohnmobile selbst ausgebaut, aber immer wesentlich einfacher. Somit hatte ich keine genaue Idee, wie lange es wohl dauern würde...

Unsere Hauptprobleme waren aber: wir sind beide Australier, haben beide keinen EU-Pass oder Aufenthaltsgenehmigung, und auch keine Lebensbasis in Deutschland.

Uns fehlten daher auch jegliche Verbindungen in Deutschland, da wir dort ja nicht leben und auch keine Familie haben. Als Ortsansässiger kennt man immer jemanden, der in bestimmten Situationen weiterhelfen kann: den Schreiner um die Ecke, die Autowerkstatt, die ein Verwandter immer benutzt, den Bauern, der eine leere Scheune vermietet, usw. Ich habe ein paar alte Freunde in Deutschland, aber bei Weitem nicht das Netzwerk das ich hatte, als ich noch (vor 25 Jahren!) in Deutschland lebte.

Schon alleine einen passenden Platz zum Ausbauen zu finden, war mehr Glück als Verbindungen. Und dann hatten wir nochmals Glück: Freunde, die wir auf der letzten Reise in Costa Rica kennengelernt hatten, betreiben ein Drop-Shipping-Geschäft für alle namhaften deutschen Wohnmobilzubehör-Lieferanten über die haben wir gute Rabatte bekommen. Am Ende waren wir fast 13 Monate in Deutschland um alles fertig zu bekommen...

HILFEAUFRUF:

Dasselbe Problem kommt bald wieder auf uns zu, wenn wir 2018 von Südamerika nach Deutschland zurückkehren. Dann brauchen wir einen Platz, um kurzzeitig zu leben, jemanden, der uns einen Rahmen auf einen Vario bauen kann und den Shelter umsetzt. Für Mehr siehe bitte unsere Antwort zur nächsten Frage.

Wenn uns da eine/r von euern Lesern weiterhelfen könnte, wäre das echt toll!

Nach euren jetzigen Erfahrungen: würdet ihr euch nochmals für das gleiche Fahrzeug entscheiden? Wieso? Wieso nicht?

Wir wollen weiter als 'Overlander' unterwegs sein – zumindest bis wir das australische Rentenalter (66 für uns) erreicht haben. Nach der Pan-Am möchten wir Europa, den nahen Osten (Türkei, Georgien, Armenien, Iran, vielleicht auch Oman) und Marokko bereisen.

Dafür gucke ich schon nach einem anderen Basis-Fahrzeug. Unsere Berta, der jetzige Mercedes 1019, erscheint uns nicht wirklich geeignet. Der LKW ist zu breit, zu schwer, zu laut, und Yasha mag nie hinters Steuer (obwohl sie einen LKW-Führerschein hat).

Ausserdem sind die Unterhaltskosten zu hoch, vor allem Diesel, Kosten der Reifen (350-400 € für einen!), Volumen eines einzigen Ölwechsels (17 Liter), und so weiter. Allrad ist eigentlich überbewertet und selten erforderlich!

Unser Shelter, der ja eigentlich ein einfacher Container mit entsprechenden Locks ist, macht es relativ einfach das Basisfahrzeug zu wechseln. Nun sind wir zurück zu der ursprünglichen Idee: einen Mercedes T2 (besser bekannt als Düdo) oder einen Vario.

Ich erhoffe mir, dass so ein einfach gebauter LKW mit Leiterrahmen, der aber schmaler und leichter ist, eine Langzeitreise genauso gut übersteht, billiger im Unterhalt ist, und (wichtig!) uns Zugang zu mehr kleineren Orten gewährt.

Wenn wir mit Berta vorfahren, sind die Leute doch oft schockiert angesicht ihrer Grösse. Da dürfen wir dann nicht auf normalen Parkplätzen parken, müssen den Markteinkauf mehrere Häuserblocks weit schleppen, oder müssen schon vorab mehrere Kilometer zu einer Sehenswürdigkeit laufen, wo andere vor dem Eingang parken...

Oft liegen die schönsten Ziele abseits der Teerstrassen - da braucht man dann etwas mehr Bodenfreiheit und Diesel um hinzukommen.

Oft liegen die schönsten Ziele abseits der Teerstrassen - da braucht man dann etwas mehr Bodenfreiheit und Diesel um hinzukommen.

Wie viel Treibstoff verbraucht euer Fahrzeug pro 100 Kilometer?

So genau wissen wir das nicht. Ehrlich!

Warum? Unser Tacho ist nicht an die grösseren Reifen angepasst und zählt ca. 5% weniger. Ausserdem tanken wir unseren 350-Liter-Tank selten voll, denn dann macht sich das Gewicht des Diesels bemerkbar, besonders in den Bergen. Und kosten tut es auch...

So grob: zwischen 22 und 25 l/100 km auf guter Strasse, 25+ Liter auf Bergstrecken, um die 30 Liter auf holperigen Pisten oder Wegen.

Wie viel habt ihr auf der Panamericana für Reparaturen ausgegeben?

Bislang nicht viel! Aber wir werden nach Deutschland zurückkommen mit einigen Dingen, die dann (wohl vom nächsten Besitzer) in Angriff genommen werden müssen. Löhne in Südamerika sind niedrig, Ersatzteilkosten oft hoch – wenn man die Teile überhaupt bekommt.

Gerade letzte Woche haben wir grob US$300 (inkl. Teile) ausgegeben für eine ganze Reihe von kleineren Wartungsarbeiten: Ölwechsel, wir benötigten eine neue Fahrerhaus-Kipppumpe, ein neues Scheinwerferglas, die Bremsen mussten nachgestellt werden. Das war unsere bislang zweitgrösste Reparaturausgabe.

In Blumenau, Brasilien, hatten wir unseren Hauptbremszylinder überholen lassen, denn der verlor zu schnell Druck. Einen neuen hatten die leider nicht. Dazu kamen noch einige Kleinarbeiten, und die Rechnung war US$450. Unsere grösste Ausgabe bislang, und unser längster Werkstattaufenthalt.

Dann war uns, auch in Brasilien, ein Radbremszylinder kaputtgegangen – das hatte ursprünglich $40 gekostet, und dann nochmal $25 für Nachbessungsarbeiten (die erste Werkstatt hatte die Steckachse nicht ordentlich abgedichtet).

Es gab noch ein paar kleinere Reparaturen, wie abgerissener Radkastenhalter und dreimal gerissene Auspuff-Flexrohre, aber das waren alles Dinge die mit jeweils $10-$30 erledigt waren.

Liegengeblieben mit einer Panne sind wir bislang noch nicht! (Klopft auf Holz)


Leben on the road

Wie sind eure sanitären Verhältnisse? Habt ihr ein WC, eine Dusche?

Ja, ohne Toilette und Dusche würden wir beide nicht mehr reisen wollen. Die traurige Wahrheit ist: je älter man(n) wird, um so öfter muss man(n) pinkeln, auch nachts. Ausserdem erlaubt es uns, dass wir mehr frei stehen können, und nicht von einer Campingmöglichkeit zur nächsten fahren müssen.

Wie kocht ihr unterwegs? Esst ihr auch auswärts?

Wir haben uns, nach einiger Überlegung bez. Vor- und Nachteilen, für Propangas entschieden. Selbst Zuhause haben wir unsere Küche von einem Elektroherd auf Gas umgebaut, denn wir kochen beide lieber auf Gas.

Wir haben einen Thetford Triplex Herd mit Backofen, obwohl wir unterwegs weniger oft backen, als ursprünglich vorgestellt. Oft ist es einfach zu warm zum Backen, denn das heizt den ganzen Camper für Stunden auf und macht es zu warm zum Schlafen.

Wir essen (leider) selten in Restaurants oder an Strassenständen. Der Hauptgrund dafür ist, dass Jürgen eine starke Knoblauchallergie hat und die lokale Küche ohne Knoblauch fast unvorstellbar ist. Ausserdem essen wir beide kein Fleisch, was die Auswahl sowieso schon extrem einschränkt.

Wie navigiert ihr?

Mit einem Google Nexus Tablet auf dem Armaturenbrett. Als App benutze ich immer noch Skobbler, obwohl die schon seit zwei oder drei Jahren keine Kartenupdates mehr hochladen. Aus diesem Grund hat Yasha jetzt MapFactor Navigator auf ihrem Handy – damit kann sie meine Route nachprüfen und gegebenfalls korrigieren.

Meine genaueren Gründe, und wie ich die Apps benutze, habe ich in einem Blogpost erklärt.

Von Anfang an war mir klar, dass es für uns wenig Sinn machte ein 'richtiges' Navi zu kaufen. Ich finde die Preise von Garmin überzogen, aufgrund meines Alters (und Sehstärke) würde ich einen relativ grossen Bildschirm benötigen.

Letztendlich haben die Garmin-eigenen Karten für Lateinamerika zu viele Lücken – da benutzen dann alle eh die Open-Street-Maps. Das Tablet kann ich aber auch für andere Dinge benutzen, z.B. ist dies auch mein eBook-Reader.

Wie wichtig ist euch Internet/Wifi unterwegs? Was unternehmt ihr, um davon Gebrauch machen zu können?

Da wir unsere Internetseite und zumindest Facebook relativ up-to-date halten wollen, ist Internet für uns wichtig.

Unser kleines Haus in Australien ist vermietet, da fallen immer wieder Dinge an, die per Internet geregelt werden müssen, und Yasha's Familie und unsere Freunde wollen eine Kontaktmöglichkeit haben. Ausserdem benutzen wir Internetbanking für alles Finanzielles, und oft muss man jetzt aktuelle Strassenzustände o.ä. auf dem Internet raussuchen.

Wir kaufen in jedem Land eine lokale SIM-Karte mit Datenpaket. Dann benutzen wir unser Handy als Hotspot. Wir haben auch einen einfachen WiFi-Extender, den wir aber nicht so oft rausholen. Die meisten Netze sind jetzt verschlüsselt und auf offiziellen Campingplätzen stehen wir sehr selten.

Anfänglich haben wir noch versucht, öfter mal freies WiFi an Tankstellen und in Cafés zu benutzen, aber oft funktioniert es dann gar nicht oder sehr langsam – das ist die Rumrennerei (und eventuellen Ausgaben für Getränke) echt nicht wert...

Könnt ihr Spanisch? Habt ihr vor Reisestart einen Kurs besucht? Oder unterwegs?

Wir hatten auf der letzten Reise zweimal Spanischkurse besucht; zuerst in San Miguel de Allende in Mexiko, dann nochmal in Panajachel in Guatemala. Da wir's aber nach der ersten Reise nie gebraucht haben, war unser Spanisch mehr als 'rostig'. Inzwischen verstehen wir wieder mehr, sprechen aber echt nicht mehr als gebrochenes Spanisch mit vielen Grammatikfehlern. Das genügt meist.

Dare2go bei einer der Jesuiten-Missionen in Bolivien

Dare2go bei einer der Jesuiten-Missionen in Bolivien

Wo übernachtet ihr mehrheitlich? Frei? Auf Campingplätzen? Aufgrund welcher Kriterien wählt ihr eure Plätze aus?

Zu über 90% stehen wir frei, am liebsten in der Natur, abseits von bellenden Hunden, lauter Latino-Musik, und frühen Hähnen. In manchen Ländern ist dies recht einfach, in anderen nicht so. Tankstellen, die so viele anlaufen, vermeiden wir wie die Pest.

Für 2015 hatten wir mal nachgerechnet: in dem gesamten Jahr hatten wir 14 Nächte für Camping bezahlt – bis wir, kurz vor Weihnachten, nahe Buenos Aires für 10 Tage bei Cristian von Andeanroads gestanden hatten (wir mussten mal etliche Dinge auf dem Internet erledigen).

Erst im letzten Jahr haben wir zaghaft angefangen iOverlander zu benutzen. Einerseits hat die App inzwischen oft zu viele Möglichkeiten gelistet, andererseits reisen wir vermehrt 'off the maps', Nebenstrecken für die auf iOverlander nichts zu finden ist.

Und dann gibt's immer wieder Plätze, die auf der App als 'Big-Rig-Friendly' eingetragen sind; wir kommen dahin und es gibt keine Chance, aufgrund unserer Höhe oder Breite, dass wir da reinkommen. Vermutlich ist für andere Overlander in einem kleinen Suzuki Allrad jeder Kleinbus mit Hochdach schon ein 'Big Rig'... 😛

Also verlassen wir uns oft entweder auf unseren Bauch oder unsere Erfahrung, und benutzen Skobbler Karten um entsprechende Plätze zu finden.


Sicherheit

Was unternehmt ihr, um euch sicher zu fühlen?

Meist verlassen wir uns auf unser 'Bauchgefühl'. Unser Shelter ist recht einbruchssicher, da machen wir uns wenig Sorgen.

Unsere Pässe und Laptops sind in einem Geheimfach im Shelter, im Fahrerhaus lassen wir nie (oder äusserst selten) irgendwelche Wertgegenstände. Wir haben höchst selten viel Bargeld in der Tasche, und unsere Zweit-Kreditkarten sind auch mit den Pässen versteckt.

Nach über 3 Jahren weg von Zuhause sind viele unserer Kleidungsstücke inzwischen so verschlissen, dass wir auch nicht mehr wie lukrative Raubziele aussehen... 😀

Habt ihr etwas Negatives erlebt? Habt ihr euch manchmal unsicher gefühlt? Hattet ihr irgendwo richtig Angst?

Ja, leider einmal in Chile, als ein Betrunkener uns mit Steinen angegriffen hat – unsere Berta hat seitdem eine Beule und eine gesprungene Windschutzscheibe.

Ansonsten verlassen wir uns auf unser Bauchgefühl und sind damit bislang gut gefahren. 95% aller Leute sind eh eher freundlich (oder zurückhaltend) und oft hilfsbereit. Das ist überall in der Welt das Gleiche.

Grenzgeschichten: Habt ihr eine erlebt die aussergewöhnlich schlimm, schön, mühsam war?

Während unsere letzten Reise fanden wir die Grenzen in Mittelamerika recht bürokratisch – fast alle! Einmal, zwischen Nicaragua und Honduras, hatten wir damals sogar einen Grenzhelfer bezahlt – und trotzdem fast 6 Stunden benötigt.

Dieses mal fanden wir den Übergang von Chile nach Peru zeitaufwendig und nervig. Das ist die Grenze von Arica/Chile nach Tacna/Peru.

Ein grosser Teil hat damit zu tun, dass ich als Nicht-Deutscher in Deutschland auch kein Fahrzeug anmelden darf. Also ist Berta im Namen eines Freundes und ich fahre mit einer Vollmacht. Zwischen Chile und Peru ist aber einiges böses Blut; Reisende mit chilenischen Fahrzeugen und einer Vollmacht müssen z.B. immer über Bolivien nach Peru reisen, da sie an dieser direkten Landesgrenze abgewiesen werden.

Dann, als wir das zweite Mal diese Grenze passiert haben, war es noch übler, denn es war pünktlich zum Anfang der Sommerferien in Chile und Peru. Die Schlangen waren entsetzlich lang und wir mussten stundenlang in der Sonne warten.

Letztendlich machten uns die Peruaner dann auch noch Probleme mit Lebensmitteln. Das hatten wir gar nicht erwartet; es sind normalerweise die Chilenen, die so pingelig sind. Uns wollten sie allen Käse abnehmen und unsere Eier – beides war aber aus Peru, denn wir waren nur einen Tag in Chile um ein neues Visa und Fahrzeugpermit für Peru zu bekommen...

Ausserdem haben wir eine, im Nachhinein eher lustige Geschichte, als wir vom Salar de Uyuni in Bolivien direkt nach Chile weitergefahren sind. Die ganze Story gibt es auf unserem Blog: http://dare2go.com/crossed-border-with-no-border-crossing


Lieblinge

Habt ihr ein Lieblingsland?

Oh, das ist aber schwer zu beantworten! Für unsere erste Reise können wir klar sagen, dass es Kolumbien war – hauptsächlich wegen der freundlichen Menschen. Auf diesem Trip sind wir noch nicht in Kolumbien gewesen, also fehlt uns da der aktuelle Eindruck.

Letztes Jahr haben wir 6 Monate in Brasilien verbracht und, trotz vieler persönlicher Probleme (beide Eltern von Yasha sind in dieser Zeit gestorben), soviel gute Erfahrungen gesammelt, dass es Kolumbien schwer fallen könnte, diese tollen Eindrücke zu schlagen. Wer weiss? Wenn wir Kolumbien nächstes Jahr verlassen, werden wir eher etwas dazu schreiben können.

Blue Macaws im Pantanal im Lieblingsland Brasilien

Blue Macaws im Pantanal im Lieblingsland Brasilien

Habt ihre eine Lieblingsstrecke? Falls ja, wo ist sie? Warum ist es eine Lieblingsstrecke?

Da gibt's einige – und alle sind Bergstrecken.

Ganz vorne ist die Rio do Rastro Route in Brasilien, die SC-390. Das ist eine recht kurze Bergstrecke, die von Tubarão an der Küste über Lauro Müller in die Berge hinaufführt.

Die ganze Strecke ist gut befestigt, fast alles Betonplatten, und recht einfach zu fahren. Sie führt durch wunderschönen tropischen Wald hinauf auf ein eher karges und windiges Plateau mit einigen Araucaria-Bäumen. Von dort kann man an klaren Tagen bis zum Meer sehen. Wir hatten sie schon 2008 befahren, und all die Jahre habe ich diese Strecke nie vergessen.

Auch die nord-westliche Ruta 40 in Argentinien sind wir ein zweites mal gefahren. Von Cachi über Cafayete Richtung Süden. Für uns ist das eine der landschaftlich schönsten Gegenden von Argentinien. Ausserdem findet man dort überall wunderschöne und recht einsame freie Stellplätze.

Zuletzt sind wir in Peru eine haarsträubende Strasse gefahren, die PE-8B von Chachapoyas nach Cajamarca. Das ist eine superenge Teerstrasse, die zweimal auf über 3600 Meter hoch geht, dazwischen in ein tropisch heisses Tal von nur 800 Metern abfällt. Eine wunderschöne Berglandschaft, aber so anstrengend (mit unserem breiten LKW), dass ich die nicht noch einmal fahren möchte.

Lieblingsstrecke Rio do Rastro in Brasilien

Lieblingsstrecke Rio do Rastro in Brasilien

Habt ihr einen Lieblingsstellplatz?

Ja, ich glaube schon. In Uruguay haben wir fast 2 Wochen am Balneario Iporá verbracht, in der Nähe von Tacuarembó.

Wir hatten genug Schatten, vor allem Nachmittags, dass es nie zu heiss war; wir hatten aber auch genug Sonne, so dass unsere Solarzellen jeden Tag wieder unsere Batterien füllten. Nachts war es total ruhig, tagsüber konnten wir über den schönen kleinen See gucken, Pferde am Ufer beobachten, und ab-und-an kamen ein paar Angler vorbei.

Ausserdem hatten wir noch den Bonus, dass wir mit unserem WiFi-Extender freies Internet von einem kleinen Resort auf der anderen Seeseite anzapfen konnten. Gegen Ende haben wir jeden Tag die Abreise wieder verschoben...

Lieblings-Stellplatz beim Balneario Ipora in Uruguay

Lieblings-Stellplatz beim Balneario Ipora in Uruguay

Habt ihr eine Lieblingsbegegnung? Mit Menschen? Mit Tieren?

Die meisten positiven Erinnerung haben wir Dank hilfsbereiten Fremden – Leute, die wir nicht kannten, und die trotzdem alles Erdenkliche getan haben, um uns zu helfen. Zum Beispiel hat uns in San Juan, Argentinien, ein äusserst hilfsbereiter Mann quer durch die ganze Stadt geleitet, bis wir unsere leeren Gasflaschen aufgefüllt bekamen. Seine ganze Familie sass in seinem Auto und musste mit durchhalten.

Oder in Brasilien ist uns etwas Unfassbares passiert: nachdem unser Radbremszylinder getauscht worden waren, bin ich zu einer nahen Mercedes-Vertragswerkstatt gefahren, denn ich hatte keine Vertrauen in die Arbeit der Hinterhofklitsche (in Ouro Preto), die den Zylinder gewechselt hatte. Dass die Steckachse nicht vernünftig abgedichtet war, fanden die Mechaniker auch nicht – aber da leckte die auch noch nicht.

Weil ich schon da war, die Werkstatt unglaublich sauber war und unsere Berta spezielles Getriebeöl braucht, habe ich die dann alle Öle (Getriebe, Vorder- und Hinterachse, Verteilergetriebe) wechseln lassen. Als es zum Bezahlen kam „Das kostet nichts, es ist unser kleiner Beitrag an eure Reise.“ - in einer Mercedes-Benz Werkstatt!!! Unvorstellbar in Deutschland! Bei Daimler-Benz in Stuttgart wurden mir mal, vor vielen Jahren, 70DM auf die Rechnung aufgeschlagen für eine 'Endabnahme' (was auch immer das war).

Ihr seht: ich bin schon lange Mercedes-Fahrer, Berta ist mein sechster...


Reisedauer

Was denkt ihr, ist die ideale Reisedauer für die Panamericana?

Eine ideale Reisedauer gibt's nicht!

Persönlich würde ich sagen, dass jede Individualreise, egal ob kurz oder lang, immer besser ist, als Zuhause in der Routine festzusitzen. Eine solche Reise erweitert deinen Horizont und beschert dir neue Eindrücke.

Oft verändert Reisen das komplette Weltbild und eigene Ideale. (Ich unterscheide hier klar zwischen Individualreisen, abseits von vorgebuchten Hotels, und einem Pauschalurlaub, den man vielleicht eher macht um mal auszuspannen.)

Es ist auch Quatsch andere Reisende zu kritisieren, weil diese die gesamte Pan-Am in unter einem Jahr abrasen. Wenn sie denn nun nicht mehr Geld oder Zeit haben... Klar, sie erleben weniger, kommen heim mit mehr oberflächlichen Eindrücken – aber immerhin kommen sie heim mit neuen Eindrücken!

Reisen erweitern den eigenen Horizont und ermöglichen viel Unvergessliches - zum Beispiel am Corpus Christi Festival in Pujili, Ecuador

(Individual-)Reisen erweitern den eigenen Horizont und ermöglichen viel Unvergessliches - zum Beispiel am Corpus Christi Festival in Pujili, Ecuador

Falls ihr die Reise schon beendet habt: decken sich die Vorstellungen von vor der Reise, mit den Erfahrungen nach dem Bereisen der Panamericana?

Ich bin jemand, der sich ungern Erlebnisse vorab im Kopf vorstellt. Im Englischen sage ich oft: expectations are bound to be disappointed.

Als wir 2008 zu den Galapagos geflogen sind, wollte mir ein anderer Overlander vorab eine Diashow seiner Fotos zeigen. Er war überrascht (und offensichtlich auch enttäuscht), dass ich ablehnte.

Angenommen ihr hättet weniger Zeit zur Verfügung. Würdet ihr trotzdem die ganze Panamericana befahren? Falls nein, welche Region, welchen Teilabschnitt?

Da gibt's hunterte von Antworten für verschiedene Leute und Situationen.

Im Grunde können wir nur jedem raten, eher langsam zu reisen, anstatt soviele Ziele wie möglich 'abzuhaken'. Das erlaubt oft den Freiraum für Spontanität und bringt viel intensivere Erlebnisse. So haben wir mehrmals andere Overlander getroffen, die nicht die Zeit hatten (oder aufbringen wollten), um ein lokales Festival zwei oder drei Tage später mit uns zu besuchen – sie reisten alle mit einem festen Zeitplan...

Viele US-Amerikaner machen jetzt diesen Trip. Wenn diese nicht die Zeit oder das Geld haben, dann sollten sie vielleicht nur einige Monate im Inland von Mexiko verbringen – da gibt es soviel zu entdecken, und die Mexikaner sind superfreundlich. Ich wette, dass nach so einer intensiven Mexiko-Erfahrung viele Vorurteile wie ein Kartenhaus zusammenfallen werden.

Für andere mag es sich anbieten, in einem der lateinamerikanischen Ländern ein gebrauchtes Fahrzeug von anderen Overlandern zu kaufen, und nur zwei oder drei Länder zu erkunden.

Egal welches Land (oder Länder), jedes hat reizvolle Ziele. Je flexibler ihr dabei seid, desto einfacher kann es werden. Rechnet nur damit, dass ihr zumindest 2-3 Wochen am Ende brauchen werdet, um das Fahrzeug wieder zu verkaufen! In der Hauptsaison, Frühjahr bis Sommer in Südamerika, geht ein Verkauf schneller, in der Nebensaison kann man eher ein Schnäppchen bekommen.

Ist man ohne Zeitplan unterwegs, kann auch ein Gauchofest, etwa in Tacuarembo in Uruguay, besucht werden

Persönliche Eindrücke und Erfahrungen

Was ist für euch persönlich das Schwierigste unterwegs?

Schwierigkeiten könnten wir vielleicht in zwei Kategorien einteilen.

  • Einerseits, obwohl wir so langsam und lange unterwegs sind, schaffen wir es nie wirklich 'alles' zu sehen. Aber dann: wieviele interessante Ecken deines eigenen Heimatlandes kennst du nicht?
  • Die zweite Schwierigkeit, über die ich ewig schimpfe, ist die Engstirnigkeit von Behörden, Banken, und anderen Organisationen. Da habe ich den Eindruck, dass es immer schlimmer wird. Dies passiert meist mit Angelegenheiten die wir zuhause regeln müssen.
  • Einerseits wird Technik immer weiter ins Absurde geführt:

Anfragen per Kontaktformular oder Email laufen durch einen Spamfilter, wegen unserer ausländischen (und südamerikanischen!) IP-Adresse landen aber oft unsere legitimen Anfragen im Müll und werden nie beantwortet.

Oder es können Anfragen nur per Telefon geregelt werden, aber die Organisation gibt nur eine gebührenfreie Telefonnummer – die man nicht aus dem Ausland oder per Skype anwählen kann.

Oder man bekommt eine Auslandsnummer und endet in einer Warteschleife mit Musik – Skype unterbricht jedesmal die Verbindung wenn zu lange Musik spielt.

  • Dann gibt es genau das extreme Gegenteil zu moderner Technik:

Vor einem Monat habe ich in Australien einen Scheck erhalten (mehrere tausend Dollar wert!) – meine Bank verlangt aber, dass dieser von mir persönlich am Schalter unterschrieben wird, andernfalls verweigert sie die Annahme/Gutschrift. Das habe ich immernoch nicht gelöst...

Ist es euch manchmal zu eng, zu nah im Reisefahrzeug?

Nicht direkt im Fahrzeug (daran haben wir schon lange gewöhnt), aber ab-und-an kommt schon der Wunsch nach mehr persönlichem Freiraum und Abstand auf. Manchmal lässt sich das realisieren, oft nicht.

Welches ist eure bisher wertvollste Erfahrung?

Auf dieser Reise haben wir viel mehr Zeit in Peru verbracht, über 6 Monate! Wir sind viel abseits der üblichen Overlanderstrecken gefahren und haben wesentlich mehr antike Ausgrabungsstätten und Ruinen besucht. Dabei haben wir unendlich viel Neues begriffen.

Wusstet ihr, dass in Peru etliche der ältesten Zivilisationen der Erde ihren Ursprung haben – lange vor den Inkas? Peru zählt zu den 6 cradles of civilisations.

Alpaca bei den Kualep Ruinen in Peru

Alpaca bei den Kualep Ruinen in Peru


Geld und Reisefinanzierung

Wie könnt ihr euch diese Reise leisten? Habt ihr gespart, geerbt oder arbeitet ihr unterwegs?

Das mag nun wie eine absurde Antwort klingen: wir können es uns nicht leisten nicht zu reisen! Um diese Antwort zu verstehen musst du Australien kennen. Australien ist extrem teuer, besonders seit der GFC (Global Financial Crisis in 2007/8). Da war Australien eins der ganz wenigen Länder, welches keine Rezession erlitt.

Ausserdem gibt es bei uns eine starke Altersdiskriminierung bei der Jobsuche. Die Region, in der wir leben, hat eh extrem wenig freie Arbeitsstellen – und dann werden immer jüngere Bewerber bevorzugt. Nach unserer letzten Reise haben wir (da waren wir noch jünger!) es schon schwer gefunden, neue Arbeit zu finden; das Arbeitslosengeld in Australien ist so gering, dass wir jeden Monat etwas von unseren Ersparnissen verbraucht haben.

Zur Zeit leben wir teilweise von einem Überzahlungsguthaben in unserer Hypothek, teilweise von Mieteinnahmen, und wir lösen so langsam alle kleinen Lebensversicherungen auf. Kein Idealzustand, aber Zuhause wären wir kein Stück besser dran.

Falls ihr von unterwegs arbeitet, wie verdient ihr Geld?

Da hatten wir Hoffnungen, die sich bislang noch nicht materialisiert haben.

Yasha hatte die ersten 10 Monate Englisch in Santiago de Chile unterrichtet; die Lebenshaltungskosten (und vor allem Miete) in Santiago waren aber so hoch, dass sie nicht viel sparen konnte. In anderen südamerikanischen Ländern sind die Bedingungen noch schlechter.

Ich habe fast 20 Jahre Erfahrung in Webdesign – aber, mangels Onlinezeit und gutem Internet, kann ich mich fast nie um Jobs bewerben. So verliere ich auch langsam Anschluss an die neusten Trends und Techniken.

Unser Blog hat einen guten Ruf in der Overlander-Community und recht gute Statistiken, aber bislang haben wir noch keinen zahlenden Sponsor gefunden (nur für Produkte, welche wir wirklich nicht bewerben möchten). Um aktiv nach passenden Sponsoren zu suchen, fehlt uns wiederum die Internetzeit. Da posten wir dann lieber neue Blogeinträge, um die Webseite weiter zu vitalisieren.

Jetzt kommt's: wenn ihr noch unterwegs seid: wie viel gebt ihr pro Monat aus?

Wir versuchen im Monat mit ungefähr 1000 bis 1200$ zusammen auszukommen.

Dieser Betrag ist ohne Extrakosten, wie z.B. Verschiffung und unsere jährliche Reiseversicherung. Wenn wir zu viel ausgeben, dann müssen wir langsamer reisen, denn Diesel und Fahrzeugwartung sind unsere grössten Einzelposten.

Was möchtet ihr noch loswerden?

Danke, dass ihr uns an dieser Interviewreihe habt teilnehmen lassen. Schade, dass ihr so weit südlich seid, andernfalls gäbe es vielleicht eine Chance zu einem persönlichen Treffen und Austausch. Mich interessiert besonders wie ihr jetzt mit eurem Online-Business unterwegs klarkommt.

Allen Lesern viel Spass und tolle Erlebnisse auf der Panamericana-Reise – jetzt oder in der Zukunft! Der erste Schritt ist immer der Schwerste!