Beitragsreihe - Reisende auf und neben der Panamericana
Alle starten sie im Norden oder Süden der Amerikas und wollen für längere Zeit auf und neben der legendären Panamericana unterwegs sein. Das sind dann aber auch bereits alle Gemeinsamkeiten. Die Reisenden, die Reisearten, die Reisefahrzeuge, die Reisekosten, die Reisedauer - alles unterscheidet sich. Es gibt unzählige Arten, wie eine Reise auf der längsten Strasse der Welt aussehen kann.
In dieser Beitragsreihe kommen verschiedene Reisende zu Wort. Sie ermöglichen Einblicke in ihre persönliche Traumreise. Unterschiede und Gemeinsamkeiten werden aufgezeigt. Und vielleicht macht sich danach auch einer von euch auf, um die Schönheiten der Welt zu entdecken.
In diesem Artikel verraten Ali und Malte von dulliexploring ihre Panamericana Reisetipps.
About
Stellt euch doch kurz vor. Wer seid ihr, wo kann man von euch lesen? Website, Facebook, Instagram, Youtube?
Hallo, wir sind Ali (33), Malte (34) und Dulli (81.000 km).
Du kannst unsere Abenteuer auf unserem Blog, auf Facebook und auf Instagram #dulliexploring folgen.
Wie lange seid ihr schon unterwegs?
Wir sind seit Oktober 2016 in den Amerikas unterwegs.
Wie lange wollt ihr noch unterwegs sein?
Voraussichtlich bis Sommer 2018...
Fahrzeug
War von Anfang an klar, dass ihr die Panamericana mit einem Fahrzeug bereisen wollt? Wieso? Hattet ihr davor bereits Erfahrung mit dem Reisen mit Fahrzeug?
Dulli ist seit Anfang 2013 bei uns und mit ihm haben wir das Reisen mit Fahrzeug kennen- und lieben gelernt. Durch die Europa-Touren in unseren Urlauben ist dann irgendwann der Wunsch nach einer längeren und etwas exotischeren Reise entstanden.
Die Panamericana war dann eher eine spontane Entscheidung, da wir uns Trans-Afrika als erste Langzeitreise nicht zugetraut haben und Amerika vergleichsweise einfach zu bereisen und extrem abwechslungsreich ist.
Für welches Fahrzeug habt ihr euch entschieden? Weshalb?
Für einen Landrover Defender TD4, 2.2l
Wir haben Dulli nicht extra für die Reise angeschafft. Wir haben ihn lediglich noch etwas professioneller ausgebaut für die lange Tour.
Was hat die Anschaffung gekostet?
Das haben wir nie so richtig zusammengerechnet, da der Ausbau ja letztlich ein Projekt über ein paar Jahre und über viele Entwicklungsstufen war. Mit allen aktuell verbauten Teilen sind wir aber wohl inzwischen nahezu sechsstellig. Da wird uns selbst ganz schwindelig...
Habt ihr den Ausbau selber vorgenommen?
Nein, überwiegend haben wir den Ausbau in professionelle Hände gegeben, wir sind eigentlich Bürohengste 🙂
Nach euren jetzigen Erfahrungen: würdet ihr euch nochmals für das gleiche Fahrzeug entscheiden? Wieso? Wieso nicht?
Wahrscheinlich lautet die Antwort für die Panamericana eher „Nein“. Dulli leistet uns insgesamt wirklich gute Dienste, allerdings haben wir die Länge der Strecken in kalten, hochgelegenen oder windigen Gegenden etwas unterschätzt. Würden wir uns ein Auto extra für die Panamericana anschaffen, würden wir uns wohl für ein Fahrzeug mit etwas mehr Platz im Innenraum entscheiden. Allrad und Bodenfreiheit müssten aber trotzdem vorhanden sein.
Wie viel Treibstoff verbraucht euer Fahrzeug pro 100 Kilometer?
Im Durchschnitt verbrauchen wir 10 - 15 Liter.
Wie viel habt ihr auf der Panamericana für Reparaturen ausgegeben?
In 14 Monaten rund 2.500 Euro inkl. sehr regelmäßigem Service
Leben on the road
Wie sind eure sanitären Verhältnisse? Habt ihr ein Wc, eine Dusche?
Wir haben für alles „Notfall-Lösungen“. Das ist einfach der Autogröße geschuldet. Ein Porta Potti für Gegenden, die nicht einsam sind, es aber keine Toilette gibt oder nur eine die nicht benutzbar ist (bisher 3x benutzt) und einen Toilettenhocker plus Schaufel für die ganz einsamen Gegenden. Eine tolle Sache 🙂
Wir haben außerdem eine Campingdusche (schwarzer Sack mit Wasserauslass), die gelegentlich zum Einsatz kommt.
Wie kocht ihr unterwegs? Esst ihr auch auswärts?
Wir kochen meistens selber auf unserem Benzin-Kocher. Zum Einen macht es uns Spaß, zum Anderen wissen wir dann genau was auf dem Teller landet. Gelegentlich gehen wir auch Essen, vor allem natürlich wenn wir mal in einer Stadt sind. Gerade in Peru war das wirklich lohnenswert!
Panamericana Reisetipps: Wie navigiert ihr?
Mit maps.me. Man sollte sich allerdings nicht immer auf die Streckenführung und schon gar nicht auf die angegebenen Zeiten verlassen, die Karten sind aber überwiegend gut.
Wie wichtig ist euch Internet/WiFi unterwegs? Was unternehmt ihr, um davon Gebrauch machen zu können?
So schön es ist ab und zu mal offline zu sein, ohne Internet geht es leider auch hier nicht. Wir besorgen uns in jedem Land eine SIM-Karte, damit wir auch unterwegs mal kurz Dinge nachsehen können. Wir sind dann auch weniger abhängig von der Qualität des Wifis auf den Stellplätzen.
Insgesamt ist die Internetabdeckung bisher aber erstaunlich gut, wir wählen die Plätze allerdings nicht nach dem Internet aus.
Könnt ihr Spanisch? Habt ihr vor Reisestart einen Kurs besucht? Oder unterwegs?
Wir haben vor unserer Abreise einen Kurs besucht und dann wöchentlich Unterricht bei einem Studenten genommen. Es reicht daher für die Basics wie einkaufen, campen, Restaurantbesuch, ganz einfache Konversationen etc. Allerdings würden wir uns in der Tat wünschen, dass wir inzwischen noch etwas besser wären. Aber dafür kommen wir wohl auch so gut genug durch mit etwas Spanisch, Englisch, Händen und Füßen oder notfalls dem Google Translator.
Wo übernachtet ihr mehrheitlich? Frei? Auf Campingplätzen? Aufgrund welcher Kriterien wählt ihr eure Plätze aus?
Wir übernachten überwiegend auf Campingplätzen. Die Kosten dafür sind sehr überschaubar und dafür bekommen wir im Zweifel noch etwas Infrastruktur, vor allem aber einen ruhigeren Schlaf.
Beim freien Camping achten wir sehr darauf, dass wir in einer wirklich abgelegenen Gegend sind und der Platz nicht einsehbar ist. Wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, sind das natürlich häufig die schönsten Spots. Hinter Tankstellen, bei den Bomberos o.ä. mussten wir bisher noch nie übernachten.
Wenn es sich anbietet oder das Wetter zu garstig ist, dann nehmen wir uns gelegentlich auch mal ein Hotel / Hostel. Ein eigenes Bad ist ein Luxus, den man unterwegs sehr zu schätzen lernt und den wir dann immer sehr genießen.
Was erstaunt euch am meisten am Unterwegssein mit dem Auto?
Uns erstaunt tatsächlich, wie gut wir insgesamt und nach so langer Zeit noch immer auf unserem überschaubaren Platz zurechtkommen. Mehr Platz für Sachen brauchen wir grundsätzlich nicht und auch uns selber reicht an 90% der Tage der Platz völlig aus. Eine geniale Erfahrung, dass man auch mit sehr wenig sehr glücklich sein kann!
Sicherheit
Was unternehmt ihr, um euch sicher zu fühlen?
Wie oben geschrieben, übernachten wir überwiegend auf Stellplätzen und wir fahren fast nie im Dunkeln.
Habt ihr etwas Negatives erlebt? Habt ihr euch manchmal unsicher gefühlt? Hattet ihr irgendwo richtig Angst?
Nein, eigentlich nicht. Offenbar ist unsere Strategie bisher gut aufgegangen.
Grenzgeschichten: Habt ihr eine erlebt die aussergewöhnlich schlimm, schön, mühsam war?
Insgesamt sind die Grenzübertritte ziemlich einfach, man braucht manchmal einfach nur etwas Geduld und sollte sich an dem Tag nicht zu viel anderes vornehmen.
Zwischen Paraguay und Argentinien musste Dulli einmal in einen riesigen Zoll-Scanner. Da wir vorher in einer endlosen Schlange mit unzähligen fliegenden Händlern um das Auto herum standen, waren wir plötzlich ziemlich nervös. Gerade als der Zöllner nach dem Scan plötzlich mit einer Taschenlampe unter dem Auto lag. Es war aber zum Glück alles ok.
Lieblinge
Habt ihr ein Lieblingsland?
Von Kolumbien kennen wir bisher nur einen Teil, es könnte aber gut zum Liebling werden. Ansonsten momentan wohl Ecuador.
Panamericana Reisetipps: Habt ihre eine Lieblingsstrecke? Falls ja, wo ist sie? Warum ist es eine Lieblingsstrecke?
Die spektakulärste Strecke unserer Reise war zweifelsohne die Lagunen-Route in Bolivien, auch wenn sie mit Höhen zwischen 4.000 und 5.000 m u.N.N. und Temperaturen bis zu -20 Grad wirklich strapaziös ist für Mensch und Maschine. Die Landschaften und die Tatsache, dass man mehrere Tage ganz ohne Straßen unterwegs ist, sind aber einfach einmalig.
Habt ihr einen Lieblingsstellplatz?
Der objektiv schönste Campingplatz war für uns Swiss Wasi im Norden Perus, Palmen, Strand, ein gutes Bad und sogar frische Langusten.
Für uns persönlich war der schönste Platz allerdings auf der Insel Chiloé in Chile, wo wir zwei Wochen bei einem deutschen Paar auf einem Hof mit Café standen und die beiden in der Zeit zu Freunden geworden sind. Wir konnten etwas mit anpacken und hatten eine unglaublich schöne und entspannte Zeit, dabei wollten wir eigentlich nur einen Kaffee trinken...
Hinzu kommen natürlich die schönsten Wildcampingplätze. Das sind für uns vor allem der Vulkan Villarrica in Chile, der nachts rot glüht, die Laguna Parón in der Cordillera Blanca in Peru, die Salar de Uyuni in Bolivien sowie die vielen fantastischen Spots irgendwo in der Atacama-Wüste in Chile... Diese Liste könnten wir endlos weiter führen.
Habt ihr eine Lieblingsbegegnung? Mit Menschen? Mit Tieren?
Die eben genannte Begegnung auf Chiloé war ganz besonders. Und auch sonst haben wir immer wieder unglaublich nette Menschen unterwegs getroffen.
Die Tierbegegnungen sind für uns aber immer die ganz besondere Momente. Das Gürteltier, das auf der Peninsula Valdes in Argentinien neugierig in unseren Kochtopf geschaut hat, der Wal, der in der Antarktis direkt neben unserem Zodiac aufgetaucht ist, die Seelöwen, die auf den Galapagosinseln in Ecuador neugierig bis auf wenige Zentimeter an uns heran gerobbt sind oder die Meeresschildkröten, denen wir beim Schnorcheln unglaublich nah kommen konnten.
Reisedauer
Was denkt ihr, ist die ideale Reisedauer für die Panamericana?
Wenn man alle Länder intensiv bereisen und überall zu einer möglichst guten Reisezeit sein möchte, braucht man für die Tour u.E. rund drei Jahre.
Warum findet ihr, das die ideale Reisedauer?
Wie gesagt, insbesondere wegen der Reisezeiten und z.B. der kurzen Saison in Patagonien und in Alaska. Vor allem aber sind wir absolute Verfechter davon, sich ausreichend Zeit zu lassen, Länder richtig zu erleben und sich zwischendurch die Zeit zu nehmen, die vielen Eindrücke zu verarbeiten. Ansonsten wird es irgendwann zu viel und der Reisefrust setzt ein. Das haben wir leider bei einigen „Rasern“ erlebt.
Angenommen ihr hättet weniger Zeit zur Verfügung. Würdet ihr trotzdem die ganze Panamericana befahren? Falls nein, welche Region, welchen Teilabschnitt?
Eine Reise mit eigenem Fahrzeug lohnt sich u.E. erst ab ungefähr einem halben Jahr. Zu groß sind ansonsten der administrative Aufwand und die Fixkosten für die Verschiffung usw.
Welchen Abschnitt man sich mit welchem Zeitrahmen vornimmt, hängt sehr stark von den individuellen Präferenzen ab.
In sechs Monaten könnten wir uns einen Teil Patagoniens (nicht unbedingt bis nach Feuerland), Chiles / Argentiniens Weinregion bis zum Altiplano und in die Atacamawüste vorstellen. Wenn noch Zeit bleibt, ist Bolivien auch wirklich lohnenswert.
Oder man nimmt sich Ecuador und Kolumbien vor, wobei die Länder im Gegensatz zu Chile und Argentinien ggf. auch ohne eigenes Fahrzeug gut zu bereisen sind.
Persönliche Eindrücke und Erfahrungen
Was ist für euch persönlich das Schwierigste unterwegs? Was das Schönste?
Das Schwierigste ist vielleicht manchmal, sich fast jeden Tag neu zurechtfinden zu müssen. Jeden Tag ins Unbekannte zu fahren und den Bedingungen in gewisser Weise „ausgeliefert“ zu sein. Daher ist es auch so schön, wenn man ab und zu mal an einem Ort verweilt, sich ein gewisses „Zuhause-Gefühl“ einstellt und man mal nicht zu viele neue Eindrücke bekommt, die verarbeitet werden müssen.
Das Schönste ist für uns die absolute Freiheit, die wir jeden Tag genießen. Einfach mal keinen Plan zu haben, das hatten wir vorher noch nie im Leben!
Was macht ihr, wenn ihr Streit habt?
Das passiert zum Glück nur sehr selten und wenn dann in stressigen Situationen nach langen Fahrtagen, bei Grenzübergängen, miesem Wetter etc. Zum Glück kann der eine den anderen dann in der Regel schnell wieder aufmuntern.
Ist es euch manchmal zu eng, zu nah im Reisefahrzeug?
Ja, aber eher wetterbedingt. Bei schönem Wetter reicht uns der Platz völlig.
Welches ist eure bisher wertvollste Erfahrung?
Das größte Abenteuer an unserer Reise ist in unserer Generation wohl das „Losfahren“. Dass wir überhaupt die Entscheidung zu dieser Reise getroffen und den Alltag hinter uns gelassen haben. Und dass wir jetzt die Erfahrung machen dürfen, dass die große, weite Welt so viel weniger beängstigend ist als wir von Zuhause häufig denken.
Der Perspektivwechsel, der mit so einer Reise einhergeht und der uns einen Blick von außen auf unseren Alltag vor der Reise ermöglicht, ist extrem spannend.
Geld und Reisefinanzierung
Wie könnt ihr euch diese Reise leisten? Habt ihr gespart, geerbt oder arbeitet ihr unterwegs?
Ganz einfach: Wir haben Geld gespart.
Jetzt kommt's: wenn ihr noch unterwegs seid: wie viel gebt ihr pro Monat aus?
Wir brauchen im Monat für Übernachtungen, Diesel, Lebensmittel, Reparaturen, Wäsche, Ausflüge, Eintritte, Maut, Fähren etc. im Schnitt etwas über 2.000 Euro.
Was möchtet ihr noch loswerden?
Wir freuen uns über alle, die Interesse an unserer Reise haben und die wir mit unseren Berichten begeistern und vielleicht auch zu etwas Abenteuer inspirieren können.
Und natürlich danke an Sabine & Andy, dass wir mit diesem Interview einen kleinen Einblick in unsere Reise geben durften!
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